Stadtauswärts im Alstertal

Meine Lieben,

wie geht es Euch, genießt ihr auch die milden Temperaturen?
Bevor die Sommerferien beginnen, möchte ich noch einmal zu einer richtigen Sonntags-Gute-Laune-Tagestour los:

Gemütlich aufbrechen, um den nördlichsten Hamburger Zipfel des Alsterwanderweges zu besuchen und zur Belohnung am Weg noch ein paar Erdbeeren und vielleicht Blumen zu ernten!

Erst langsam aus der Stadt raustrudeln, an der Alster entlang Gärten und Häuser gucken, dann durchs Rodenbeker Quellental schlingern, am Wohldorfer Wald schnuppern und endlich auf der Terrasse der Alten Rader Schule etwas trinken und auch essen, in meinem Fall die letzte Weißspargelsuppe für dieses Jahr. (Reserviert sonntags lieber Plätze in dem beliebten Lokal.)

Vielleicht sind wir danach so gestärkt, dass wir mutig noch weiter der Alster folgen wollen, wenigstens die paar Kilometer bis zur Alsterschleuse in Kayhude, wo sich viele Wanderwege kreuzen. Aber für mich wäre auch okay, von hier wieder nach Süden zu halten, zum Gut Wulksfelde, und sich dort auf dem Feld die Taschen und mitgebrachten Tupperdosen 🙂 mit selbstgepflückten Erdbeeren vollzustopfen. Oder sich die schönsten Blumen zu pflücken?

Dann geht’s hoffentlich mit leichtem Rückenwind auf der Fahrrad-Schnellstrecke zurück in die Stadt, bevor die im Rucksack gepolsterten Erdbeeren ins Schwitzen kommen können.
Und falls die Beine doch schon vorher müde werden? Dann sind die S-Bahn-Stationen nie zu weit weg.

Klingt das nach einem Plan? Die ganze Strecke misst knapp 60 Kilometer, das lässt sich auf der von mir anvisierten Route in vier Stunden locker wegradeln.
Ich freu mich auf das Landlust-Abenteuer und grüße Euch herzlichst:
Dörte


Wetlands in Ahrensburg

Der Bredenbeker Teich bei Ahrensburg: Kloster-Fischteich, Naturbadesee, Heimat von Biene Maja.

Ursprünglich hatte ich was ganz anderes vor. Ich wollte eigentlich an diesem Tag mit vielen anderen Menschen auf dem Fahrrad über die Köhlbrandbrücke fahren, in den Hafen schauen und die Kirche im Altenwerder Kirchtal umrunden. Die Sternfahrt findet, toi, toi, toi, nächstes Jahr wieder statt.

Stattdessen leuchtete die Runde um den Bredenbeker Teich als geheimnisvolles Ziel vor meinem inneren Auge. Der Bredenbeker Teich, ewig lang und einst Fischteich für das Frauenkloster Reinbek, ist – viel interessanter – die Heimat der Biene Maja. Der Schriftsteller Waldemar Bonsels wuchs nämlich hier auf. Und weil an diesem Morgen bestes Frühsommerwetter einen luftigen Tag versprach, packten wir spontan morgens unsere Picknickdosen und radelten los.

So hatten wir eigentlich nur den Bredenbeker Teich bei Ahrensburg im Blick, als wir der Freizeitroute 3 an der Eilenau bis Rahlstedt folgten, im Naturschutzgebiet Höltigbaum nach Norden trudelten und uns hier über blühende Lupinen und wogende Wiesenflächen freuten. Die Betonplatten, einige mit Stacheldraht umzäunte Gebäude und alte Betonpfeiler an den Wegen rechts und links erinnern noch daran, dass das Gebiet Truppenübungsplatz war, noch bis Anfang der 1990er Jahre. Heute durchziehen die alten Panzerstraßen einen Teil des flächengrößten Naturschutzgebiets auf Hamburger Land. Es reicht zusammen mit dem Stellmoorer und Ahrensburger Tunneltal, die alle drei geologisch zusammengehören, bis nach Schleswig-Holstein. Groß.

Blaue Lupinen leuchten auf den Wilden Weiden.

Florida Wetlands in Ahrensburg

Ich immer mit meinen Riesen-Vergleichen. Aber wenn ich nicht damit rechne und dann völlig unerwartet auf einem hölzernen Moorwanderweg lande, bei hohen Temperaturen eine Wasserfläche mit Grasinseln und Bäumen passiere, die aussehen, als hätten sie Luftwurzeln wie Mangroven, dann rechnet mein Gehirn sowas „Naheliegendes“ aus und ich schaue gleich besonders genau hin: Sitzen da an der Unterseite des Holzweg-Geländers nicht auch solche kleinen Krabben und sonnen sich? Na gut, nein. Doch allein dieses Bild war schon toll: 350 Meter schwimmenden Bohlenstieg durch dichtes Moor hatte ich nicht kommen sehen.

Der Moorwandersteg im Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal – ohne Krabben, aber bestimmt steht irgendwo ein Reiher!

Wogende Wiesen, alte Knickwege durch kleine Ortschaften (ihr wisst ja, die liebe ich besonders), hügelige Waldpfade, schwimmende Moorwege – diese Radtour war wirklich eine schöne Überraschung. Und am Ende konnten wir zusammen mit der Lindenhof-Villa auf den Bredenbeker Teich schauen und unser Picknick genießen.

Das Herrenhaus Lindenhof aus den Zwanzigerjahren gibt der Kulisse ein bisschen Kurbad-Grandezza.

Alpenbesteigung in Turnschuhen

Ganz viel Himmel und am Horizont der Hafen.

So ein runder, beglückender Ausflug war das letzte Woche! Mit dem Fahrrad sind wir dem Alsterwanderweg oder der Freizeitroute 1 ostseitig stadtauswärts gefolgt bis zur Feldmark und bis zu den Müllbergen Hummelsbüttel. Die Sonne schien, ein Lüftchen wehte all den Blütenduft in die Luft, und weil es noch vormittags war, konnten wir gemütlich radeln und dabei die üppigen Ufergärten auf der anderen Alsterseite bestaunen, ohne zu vielen Spaziergängern ausweichen zu müssen. Immer mehr wich die Schumacher’sche Uferbebauung (mit mehreren Treppenaufgängen!) naturbelasseneren Abschnitten mit kleinen Brücken in den schönsten Impressionismusfarben, mit denen sie sich im Wasser spiegelten. Plötzlich Moorflächen mit Grasnestern oder Wasserflächen zu beiden Seiten des Weges. Kinderspielplätze mit Kindern, Wiesen mit Menschen auf Picknickdecken, Spaziergänger und Radler auf den Uferwegen – der Teetzpark.

Ganz hinten leuchtet eine Brücke – und vorn das Himmelblau.

Einmal hielten wir verkehrsbedingt auf der Höhe der Sievertschen Tongrube auf der Straße und ich erblickte mein Traum-Bungalowhäuschen. Es sah etwas traurig, weil unbewohnt aus … als würde es dort auf mich warten …

Der Traum-Bungalow im Dornröschenschlaf …

Dann ging es gradeaus durch die Feldmark, auf fahrradfreundlichem Sträßchen vorbei an Rapsfeldern, Pferdekoppeln und Heuwiesen. Bis direkt zum Hummelsee. An dem wir zur Begrüßung direkt einen Badegast beim Anschwimmen beobachten durften.

Der Hummelsee, in dem gleich jemand baden geht.

Wir fanden ein Plätzchen für die Fahrräder und setzten den Weg zu Fuß fort. Alles in Vorfreude auf die bevorstehende Gipfelbesteigung der „Langenhorner Alpen“. Wir folgten dem Sandweg und der Weg gabelte sich in einen, der am Seeufer blieb, und einen, der aufwärts wies: Der machte kein Gezier mit Serpentinen, sondern führte klar und ehrlich direkt nach oben. Wir folgten ihm durch Brombeerhecken auf hartgebackenem Sand. Nicht unanstrengend. Dann standen wir oben auf dem „Monte Müll“. Direkt am Aussichtspunkt, am Fotospot. Der ganze Aufstieg hat gefühlt zweieinhalb Minuten gedauert. Also machbar. Und zur Belohnung weißeste Schäfchenwolken, Hafenpanorama mit Elphi am Horizont und Maigrün aller Schattierungen rundherum.

Gipfelblick: Vor uns der Hummelsee, die Elphi und dazwischen die schöne Feldmark.

„Gemeinheit“ – ob die Felder dieser Feldmark früher Allmende (oder Gemeinheit), also zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung standen? Oder deuten die Knicks als Mark-Zeichen darauf hin, dass jeder schön sein Feld absteckte?

Wir hingen heutigeren Gedanken nach, als wir Kaffeebecher, Kuchen und Lakritzbänder auspackten und uns an einer windgeschützten Stelle ins Gras setzten. Ruhe, Wind, Dorfgeräusche. Eines der wenigen Flugzeuge, die uns passierten, brachte einen kleinen Jungen vor Begeisterung völlig aus der Fassung. Für den Abstieg wählten wir einen Weg, den ich im Nachhinein den Weißdornweg taufe. Denn der blühte hier in allen Größen, betörend honigsüß. Unten wieder eine Badewiese mit Picknickdecken und Kindern. Ein suchender Mann ohne Hund. Und ein alter, wunderschöner Baum.

Baum mit Zen-Bank.

Auf dem Rückweg streiften wir noch das Raakmoor, dann ging es auf der Glashüttenstraße südwärts direkt zurück in die Zivilisation. Immer geradeaus, leicht bergab und mit Rückenwind.
Eine Stunde später waren wir wieder zu Hause. Richtig smooth. Fünf von fünf Punkten für diesen richtig schönen vierstündigen Ausflug! Kann ich nur zum Nachmachen empfehlen.

Der Weißdorn aus meinem Garten wird mich jetzt immer an meine Alpenbesteigung erinnern. 🙂